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Der Esel auf Rosen

Einst erwartete

man in Halle den Landesfürsten zur Visite und alles Volk war auf den Beinen. Die Straße, durch die der Erzbischof seinen Weg nehmen musste – die Rannische Straße – war festlich geschmückt, das Rannische Tor war mit Kränzen und Girlanden umwunden. Kurz: die ganze Stadt zeigte sich von ihrer schönsten Seite. Die hallischen Bürger, prächtig herausgeputzt, säumten die Rannische Straße.

Nun waren aber zu der Zeit alle Flüsse angeschwollen und der Erzbischof konnte wegen des Hochwassers nicht den geplanten Weg nehmen. Auf einem Umweg gelangte der hohe Gast in die Stadt.

An diesem heißen Tag im Juni zog ein Müllerbursche mit seinem Esel von der Böllberger Mühle nach Halle, um Mehl auszuliefern. Sein Weg führte ihn durch das festlich geschmückte Rannische Tor. Kaum hatte er das Tor passiert, jubelten ihm die Menschen am Straßenrand zu und streuten Rosenblüten auf den Weg.

Der Müllerbursche war erstaunt ob der unerwarteten Ehrung, verneigte sich jedoch nach allen Seiten.

Natürlich bemerkten die Hallenser ihren Irrtum bald. Doch da sie schon von jeher ein lustiges Völkchen waren und jederzeit für einen Spaß zu haben, fuhren sie fort, dem Müllerburschen zu huldigen und begleiteten ihn so bis auf den Markt.

Der Erzbischof war inzwischen im Rathaus von den Honoratioren der Stadt empfangen worden und ein Bote hatte ihm erzählt, dass die hallischen Bürger statt seiner einem Müllerburschen einen festlichen Empfang bereitet haben. Der Erzbischof soll darüber sehr gelacht und den Müllerburschen auf das Rathaus gebeten haben.

Der Esel, der auf Rosen geht, aber ist zum Symbol für unsere Stadt geworden. Wir finden ihn an einigen Stellen der Altstadt verewigt. So steht seine Skulptur auf dem Eselsbrunnen auf dem Alten Markt. Ein Relief mit dem Esel und seinem Begleiter ziert an der Ostseite die Marktkirche Unser Lieben Frauen.

Auch in der Leipziger Straße begegnen wir ihm. Einmal als Relief an der Fassade des Hauses Nr. 102 und als Türklinken am Portal der Ulrichkirche.

Wie das Moritzkloster zu Halle gegründet wurde

Im Jahre 1156

gab es in Halle für die Söhne der reichen Patrizier und Pfänner nur eine Schule: die Klosterschule des Klosters Neuwerk vor den Toren der Stadt. Die Jungen hatten einen langen Weg zu gehen, um bei ihrem Schulmeister, dem Mönch Rudolphus, das Lesen und Schreiben zu lernen.

Bruder Rudolphus duldete keine Faxen in seinem Unterricht und benutzte seinen Rohrstock reichlich, um die Schüler zu zähmen. Die Söhne führten Klage bei ihren Vätern und diese forderten den Klostervorsteher auf, dem Treiben seines Schulmeisters Einhalt zu gebieten. Der jedoch stellte sich schützend vor Bruder Rudolphus und verteidigte dessen Erziehung.

 

Eines Tages wurde wieder einer der Schüler für geringes Vergehen hart bestraft.

Da erhoben sich alle Jungen und verprügelten den grausamen Lehrer. Er bekam seine eigenen Ruten zu schmecken und beschwerte sich gar sehr bei seinem Prior.

Dieser ließ nach den Schülern schicken, auf dass sie gezüchtigt würden für ihren Übergriff.

Da platzte den reichen Vätern endlich der Kragen. Gemeinsam ersuchten sie den Landesherrn, den Erzbischof Wichmann zu Magdeburg, um Erlaubnis, ein neues Kloster aufrichten zu dürfen. Es sollte innerhalb der Stadt liegen, um den Söhnen den Weg zur Schule zu verkürzen und sie wollten ein Wort über den Schulmeister haben. Der Erzbischof war einverstanden und gestattete den Bau.

So wurde im Südwesten der Stadt, gleich an der Stadtmauer, ein Kloster errichtet und dem Heiligen Moritz geweiht.

 

Mehr als 200 Jahre später wurde die Klosterkirche ausgebaut und zur Pfarrkirche der Pfänner ernannt. Die Geschichte darüber ist aber schon eine andere Legende.

 

Der Wahrheit etwas näher kommen wir wohl, wenn wir wissen, dass Kaiser Friedrich I., genannt Barbarossa, seine Macht stärken wollte und zu diesem Zwecke die Macht der Kirchenfürsten brauchte. Dies führte zur Gründung vieler Klöster im Heiligen Römischen Reich des 12. Jahrhunderts, so auch in Halle.

Der geprellte Teufel

Es war wohl vor etwa 860 Jahren,

 

als in Halle die neue Stadtmauer gebaut wurde.

Da begab es sich, dass die Stadt Kunde von anrückenden Truppen erhielt. Es ging die Angst um, dass Halle geplündert und gebrandschatzt werde.

Nun war guter Rat teuer, denn die Stadtmauer war noch nicht ganz fertig. Im Süden, am Rannischen Tor, fehlte ein Stück Mauer und Feinde würden leichtes Spiel haben, durch diese Bresche in die Stadt einzudringen.

Da bot der Teufel seine Hilfe an. Der ist ja immer unterwegs, um seinen Vorteil zu suchen. Er versprach den Hallensern, die Mauer aufzurichten und verlangte als Lohn für seine Arbeit zwei Kinder.

Die Ratsherren waren verzweifelt. Wer gibt denn schon freiwillig seine Kinder weg, noch dazu in die Hände des Teufels? Doch würde die Stadtmauer nicht schnell fertig werden, hätte die ganze Stadt möglicherweise unter der Bedrückung von Feinden zu leiden.

Der Rat der Stadt beriet sich lange mit den klügsten Köpfen. Der Franziskanermönch Bruder Anselmus aus dem Barfüßerkloster zu Halle wusste endlich Rat: „Geht ruhig auf die Forderungen des Teufels ein! Bekommen soll er jedoch nichts. Dafür werde ich sorgen. Sagt ihm nur, die Arbeit solle getan sein bis zum dritten Morgen. Beim ersten Hahnenschrei muss die Mauer fertig sein.“

Der Teufel akzeptierte die Bedingung und werkte an der Mauer Nacht für Nacht. In der dritten Nacht, kurz vor der Stunde des Morgengrauens, schaffte er die letzten Steine herbei und wollte sie in die Mauer einsetzen.

Da ertönte plötzlich einen Hahnenschrei! Viel zu früh für den Teufel, der im Schweiße seines Angesichts gearbeitet hatte. Doch die Tatsache blieb: er hatte den Vertrag nicht erfüllt. Mit wütendem Geschrei und Gezeter stob er in einer stinkenden Schwefelwolke davon. Die Kinder bekam er nicht.

Doch was war geschehen?

Bruder Anselmus hatte einen Hahn, der jedesmal krähte, wenn er unsanft aus dem Schlaf geschreckt wurde. Diesen Hahn nun hatte der findige Mönch vor der Zeit geweckt und der krähte prompt seinen Unmut in die Lande.

Am nächsten Tage setzten Steinmetze die letzten Steine in die Mauer ein und die Stadt war nun trefflich vor Feinden geschützt.

Die Stadt war gerettet und der Teufel einmal mehr betrogen worden.

 

Übrigens: Die heranrückenden Truppen zogen vorbei, denn sie hatten nicht die Absicht gehabt, der Stadt Halle ein Leid zu tun.

Die steinerne Jungfrau von Dölau

Wenn man heutzutage

aus dem halleschen Stadtteil Dölau nach Norden in Richtung Brachwitz geht, führt am Ortsausgang rechterhand der Jungfrauenweg direkt zu einem 5,5 Meter hohen Menhir aus Quarzit.

 

Steinerne Jungfrau

Steinerne Jungfrau
By Einsamer Schütze (Own work), CreativeCommons by-sa-3.0.de, via Wikimedia Commons

 

Dies soll einst eine hübsche Maid gewesen sein, die hier zu Stein erstarrte. Und das kam so:

 

Vor langer Zeit, als die Menschen noch keine Supermärkte kannten, lebte im Dorfe Dölau ein junges Mädchen, Annkathrin geheißen. Sie war die Tochter eines Bauern und half in der Wirtschaft mit.

Eines Tages erhielt sie von der Mutter den Auftrag, das Brot für die nächste Woche backen zu lassen. Dölau hatte dazumal noch kein eigenes Backhaus und so musste Annkathrin den schweren Brotteig in eine Kiepe packen und nach Lettin tragen. Einen halben Tag würde sie für das Unternehmen brauchen.

Das gefiel Annkathrin gar nicht, hatte sie sich doch auf den Abend mit ihrem Liebsten verabredet. Doch Widerworte wagte sie nicht. So machte sie sich schnell und mit ausgreifenden Schritten auf den beschwerlichen Weg nach Lettin. Während der Bäckergeselle den vorbereiteten Teig walkte, zu Brotlaiben formte und einen nach dem anderen in den Ofen schob, lag Annkathrin auf der Wiese, blinzelte in die Wolken, die rasch am Himmel vorüber zogen und träumte von dem stattlichen Burschen, der heute Abend auf der kleinen Lichtung warten würde.

Am späten Nachmittag waren die Brote fertig und just als Annkathrin den Heimweg antreten wollte, zog ein mächtiges Unwetter herauf. Der Himmel verdüsterte sich, die Bäume ächzten im Wind und große Regentropfen schlugen auf die Wege. Blitze zuckten und Donner grollte in der Ferne.

Bei diesem Wetter ließ man keinen Hund hinaus. Der Bäckergeselle bat das Mädchen inständig, doch das Wetter im warmen Backhaus abzuwarten und hoffte auf eine nette Plauderstunde mit Annkathrin. Doch sie dachte nur an ihr Stelldichein und wartete nicht einmal, bis die Brote etwas abgekühlt waren. Trotzig stemmte sie sich dem Wetter entgegen und trat den Heimweg an, schwer mit den duftenden Broten beladen.

Schnell verwandelten sich Weg und Feld zu schlammigem Morast und Annkathrin musste immer wieder großen Pfützen ausweichen. Vorwärts, vorwärts, der Liebste wartet!

Doch plötzlich ging es nicht weiter. Ein großer Tümpel hinderte das Fortkommen, wo heute Mittag noch ein breiter und trockener Weg am Feldrain entlang führte. Rundum war kein Pfad zu sehen, das Hindernis zu umgehen.

In ihrer Not griff Annkathrin in ihre Kiepe und holte zwei Brote heraus. Wohl wissend, einen Frevel zu begehen, warf sie die Brote vor sich ins Wasser und setzte vorsichtig einen Fuß darauf. Die Brote abwechselnd vor sich legend, hoffte sie, trockenen Fußes den Tümpel zu überqueren.

Doch noch bevor sie ihren Plan recht in die Tat umsetzen konnte, fuhr ein gleißender Blitz aus den Wolken und das Mädchen ward zu Stein.

Auf der Lichtung wartete ihr Schatz vergeblich.

Wer das täglich Brot mit Füßen tritt, verdient harte Strafe.

 

 

Die Saalenixen von Trotha

Vor langer Zeit,

 

als Trotha noch nicht zu Halle gehörte, gab es in dem Dorf einen Schäfer. Wie zu der Zeit üblich, zog der Schäfer mit seinen Hunden, dem Schäferkarren und den Schafen der Gemeinde über Land durch die Saaleniederung, um die Schafe zu den fettesten Weidegründen zu führen.

Dieser Schäfer nun zog am Ufer der Saale entlang und vertrieb sich des Abends, wenn die Schafe eingepfercht waren, die Zeit mit einem Flötenspiel. So saß er denn eines Abends auf den Klausbergen über dem Fluss und spielte auf seiner Flöte manche schöne Weise.

Als er nun ein Tanzlied spielte, gewahrte er auf der anderen Seite der Saale auf der Wiese einige Schatten. Da hörte er mit dem Flöten auf und blickte genauer hin. Was er sah, ließ ihm einen Schrecken durch die Adern fahren. Dort auf der Wiese tanzte eine Schar Nixen ihren Reigen! Der Schäfer hub wieder an zu flöten und schaute den Nixen bei ihrem Tanze zu. Wie sie im Mondenschein ihre schönen nassen Körper wiegten, ihre silbern scheinenden Haare im Winde wehen ließen – dieser Anblick verzauberte den Schäfer geradezu.

Plötzlich schlugen die Glocken des nahen Kirchturms elfmal. Dumpf hallten die Schläge herüber. Da hielten die Nixen in ihrem ausgelassenen Treiben inne und verschwanden eine nach der anderen in den Fluten des Flusses.

Am nächsten Tage fragte sich der Schäfer, ob er nur geträumt hatte oder die Nixen tatsächlich zu seinem Flötenspiel tanzten. Neugierig stieg er deshalb des Abends wieder auf die Klausberge und hub erneut sein Spiel an. Nicht lange darauf teilten sich die Wasser der Saale und die Nixen stiegen wiederum ans Ufer. Und wie am Abend zuvor tanzten sie nach des Hirten Pfeife.

Das ging so Abend für Abend bis Schlag elf und der Schäfer konnte sich an dem Anblick der Nixen nicht satt sehen. Viel zu schnell war die Zeit jedesmal vorbei. Da sann der Schäfer, wie er sich den Augenschmaus verlängern könnte und kam auf eine waghalsige Idee.

Am nächsten Abend, bevor er die Klausberge erklomm, bestieg der Schäfer den nahen Kirchturm und stellte die Turmuhr eine Stunde zurück. Leise kamen ihm auf der schwankenden Leiter Zweifel, ob das eine gute Idee gewesen sei. Doch der Spaß war es ihm wert.

An der gewohnten Stelle auf dem Felsen angekommen, spielte er jede Melodie, die ihm einfallen wollte und ergötzte sich an dem Anblick der tanzenden Nixen, bis diese sich erschöpft ins Gras fallen ließen und Atem holten. Da schlug die Turmuhr elf und die Nixen verschwanden wie gewöhnlich.

Doch gleich darauf hörte der Schäfer ein Weinen und Wehklagen aus der Tiefe und kroch schauernd in seinen Schäferkarren. Doch Schlaf konnte er nicht finden. Noch immer klang ihm das Jammern im Ohr.

So setzte er sich denn wieder auf den Felsen und starrte auf den Fluss, bis der Morgen anbrach. Im ersten Sonnenstrahl sah er, wie sich der Fluss aufbäumte und ein langer blutroter Streifen sich durchs Wasser zog.

An diesem Tage mussten die Hunde seine Arbeit mit übernehmen, denn der Schäfer war nicht bei der Sache. Abends dann zog er beklommen seine Flöte wieder hervor und lockte die Nixen mit sanften Tönen. Doch weder traurige noch fröhliche Melodien vermochten die schönen Geschöpfe aus den Fluten herbeizurufen. Sie hatten allesamt sterben müssen. Und noch immer war das Wasser rot gefärbt.

Vor lauter Gram warf der Schäfer seine Flöte von sich und legte sich auf den nackten Felsen. Am Morgen fand man ihn dort leblos auf.

Die 8 Schwerter der Halloren

Es soll

um 780 gewesen sein, als König Karl der Große auf seinem Kriegszug gegen die Sachsen auch nach Halle kam, das damals an der Ostgrenze des Fränkischen Reiches gelegen war.

 

Eines Tages wuschen acht Halloren dort, wo heute die Clausbrücke steht, ihre Hosen aus, die bei einer wüsten Keilerei arg gelitten hatten. Vom Ufer des Saalearms aus beobachteten sie, wie ihr König in Bedrängnis geriet und schutzlos einer Horde Sachsen ausgeliefert war.

Ihres Treueschwurs bewusst, ließen die Halloren ihre nassen Hosen fahren und liefen ihrem König zu Hilfe.

Die Sachsen, bis an die Zähne bewaffnet, sahen die unbewaffneten, nur halb bekleideten Halloren kommen und mussten über deren Anblick derart lachen, dass sie ihre Schwerter fallen ließen.

Die Halloren jedoch, die ihren König auch mit bloßen Fäusten verteidigt hätten, griffen geschwind nach den Schwertern und ließen die Sachsenköpfe rollen.

Der Gefahr entronnen, lachte nun auch König Karl über den Anblick der Halloren und dankte ihnen herzlich für seine Befreiung. In Anerkennung ihrer Tapferkeit schenkte König Karl der Große den Halloren die eroberten Schwerter.

 

Noch heute befinden sich die Schwerter im Besitz der Hallorenbrüderschaft. Es sollen ursprünglich sogar 12 Schwerter gewesen sein.

 

Außerdem soll König Karl den Halloren noch ein Pferd und eine Fahne geschenkt und ihnen das Privileg des Lerchen- und Fischfangs erteilt haben, damit sie auch dann zu essen hatten, wenn die Salzproduktion kalt lag.

Eigentlich ist es wohl so gewesen, dass einige Halloren sich König Karl dem Großen für den Kriegsdienst verpflichtet hatten und an seinen Sachsenkriegen teilnahmen. Ob ihrer ungewöhnlichen Größe und Kraft gehörten zu ihrer Ausrüstung auch Bidenhänder, große Schwerter, die mit beiden Händen geführt wurden. Nach ihrer Heimkehr aus dem Kriege wurden diese Schwerter bei der Brüderschaft verwahrt.

 

Aber wer kehrt sich schon an den eigentlichen Geschehnissen, wenn man auch eine witzige Geschichte daraus machen kann? 🙂

 

 

Wie der Giebichenstein seinen Namen erhielt

Im Norden

der Stadt Halle erhebt sich ein steiler Felsen über das Tal, in dem die Saale fließt. Seit alters her wird dieser Felsen „Giebichenstein“ genannt. Noch heute ist hier die Ruine der Oberburg Giebichenstein zu sehen, die Unterburg wird von der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle genutzt.

Doch wie erhielt der Felsen seinen Namen?

Vor mehr als zweitausend Jahren zog der römische Feldherr Drusus mit seinen Truppen durch Germanien, um das Land zu erobern. Sein Weg führte ihn auch an das Ufer der Saale, die sich wild und ungezähmt den Weg durch die Landschaft bahnte.
Am Fuße eines Felsens ließ Drusus das Heerlager aufrichten und stieg auf den Felsen. Dort schaute er weit ins Land und suchte nach einem günstigen Ort, eine Brücke über den Fluss zu bauen.
Da erschien ihm eine riesige Frauengestalt. Zornigen Blickes und mit weithin hallender Stimme rief sie Drusus zu:

„Geh weg vom Stein!
Dein Leben ist mein,
kommst nimmer heim!“

Diese Worte erschreckten den Feldherrn. Er gab sein Vorhaben auf. Am nächsten Morgen ließ er das Heerlager abbrechen und zog hastig mit seinen Soldaten von der Saale weg. In seiner Eile hetzte er sein Pferd über Stock und Stein, bis es stürzte.
Drusus brach sich bei dem Sturz ein Bein. Trotz aller Bemühungen seines Leibarztes wollte die Wunde nicht heilen. Nach dreißig Tagen starb Drusus an den Folgen seiner Verletzung.
So hatte die Riesin Recht behalten: Drusus kehrte nicht in seine Heimat zurück.
Ihrer Aufforderung „Geh weg vom Stein!“ verdankt der Felsen seinen Namen „Giebichenstein“.

Wahrscheinlicher erscheint die Erklärung der Wissenschaftler, dass der Name des Felsens auf germanische Stämme zurückgeht, die hier siedelten und ihn als „Fels des gebefreudigen Wotan“ bezeichnet haben.

 

Burg Giebichenstein, Carl Wilhelm Arldt, Lithographie von 1848

Burg Giebichenstein, Carl Wilhelm Arldt, Lithographie von 1848

 

 

 

Wie die Salzquellen entdeckt wurden

Einst,

als es Halle noch nicht gab und die Umgebung von kleinen Siedlungen zerschnitten wurde, führte ein Schweinehirt die Schweine seines Dorfes auf die Weide. Das Dörfchen nannte sich Dobrebora. In der Nähe griff ein Fluss mit seinen Armen um das Land, den wir noch heute als die Saale kennen.

 

Der laue Sommertag verführte den Hirten zum Träumen, während Vögel ringsum zwitscherten und die Schweine sich am fetten Gras gütlich taten und jeden feuchten Fleck zum Suhlen nutzten. Zum Abend hin wollte der Hirt die Schweine wieder ins Dorf treiben und bemerkte, dass eines der Schweine im Lichte der untergehenden Sonne glitzerte.

Verwundert rieb sich der Hirt die Augen, doch das Glitzern blieb. Da besah er sich das Schwein genauer und stellte fest, dass es über und über mit einer feinen weißen Kruste bedeckt war. Vorsichtig brach er die Kruste und zerrieb sie zwischen den Fingern.

Und schließlich, auf dem Heimweg, noch immer über das Glitzern staunend, leckte er seine Finger ab. Ui, schmeckte das salzig!

Aufgeregt berichtete er im Dorf von seinem Erlebnis und am nächsten Tag zog er mit den Männern auf die Weide hinaus. Dort suchten alle nach der Stelle, an welcher sich das Schwein gewälzt hatte und fanden schließlich eine Solelache.

An diesem Ort gruben sie einen Brunnen und schöpften die Sole ab, um sie zu Salz zu versieden. Dieser erste und älteste Brunnen ist der Gutjahr-Brunnen gewesen, der auch der Wendische Brunnen hieß, weil die Leute, die damals in der Region lebten, Wenden genannt wurden.

 

Auch an anderen Stellen in der Nähe wurden Solequellen gefunden und noch mehr Brunnen gegraben.
Salz war damals selten und kostbar. So dürfen wir vermuten, dass die Dorfbewohner bald zu einigem Wohlstand gelangten. Davon zumindest zeugt die Tatsache, dass später aus dem Dorf Dobrebora die Stadt Halle wurde.

 

Der Deutsche Brunnen in einer zeitgenössischen Abbildung (um 1670)

Der Deutsche Brunnen in einer zeitgenössischen Abbildung (um 1670)

 

Bildquelle: Johann Christoph von Dreyhaupt, Pagus Neletici et Nudzici Band 1, Halle, in Verlegung des Waysenhauses, 1755