Der geprellte Teufel
Es war wohl vor etwa 860 Jahren,
als in Halle die neue Stadtmauer gebaut wurde.
Da begab es sich, dass die Stadt Kunde von anrückenden Truppen erhielt. Es ging die Angst um, dass Halle geplündert und gebrandschatzt werde.
Nun war guter Rat teuer, denn die Stadtmauer war noch nicht ganz fertig. Im Süden, am Rannischen Tor, fehlte ein Stück Mauer und Feinde würden leichtes Spiel haben, durch diese Bresche in die Stadt einzudringen.
Da bot der Teufel seine Hilfe an. Der ist ja immer unterwegs, um seinen Vorteil zu suchen. Er versprach den Hallensern, die Mauer aufzurichten und verlangte als Lohn für seine Arbeit zwei Kinder.
Die Ratsherren waren verzweifelt. Wer gibt denn schon freiwillig seine Kinder weg, noch dazu in die Hände des Teufels? Doch würde die Stadtmauer nicht schnell fertig werden, hätte die ganze Stadt möglicherweise unter der Bedrückung von Feinden zu leiden.
Der Rat der Stadt beriet sich lange mit den klügsten Köpfen. Der Franziskanermönch Bruder Anselmus aus dem Barfüßerkloster zu Halle wusste endlich Rat: „Geht ruhig auf die Forderungen des Teufels ein! Bekommen soll er jedoch nichts. Dafür werde ich sorgen. Sagt ihm nur, die Arbeit solle getan sein bis zum dritten Morgen. Beim ersten Hahnenschrei muss die Mauer fertig sein.“
Der Teufel akzeptierte die Bedingung und werkte an der Mauer Nacht für Nacht. In der dritten Nacht, kurz vor der Stunde des Morgengrauens, schaffte er die letzten Steine herbei und wollte sie in die Mauer einsetzen.
Da ertönte plötzlich einen Hahnenschrei! Viel zu früh für den Teufel, der im Schweiße seines Angesichts gearbeitet hatte. Doch die Tatsache blieb: er hatte den Vertrag nicht erfüllt. Mit wütendem Geschrei und Gezeter stob er in einer stinkenden Schwefelwolke davon. Die Kinder bekam er nicht.
Doch was war geschehen?
Bruder Anselmus hatte einen Hahn, der jedesmal krähte, wenn er unsanft aus dem Schlaf geschreckt wurde. Diesen Hahn nun hatte der findige Mönch vor der Zeit geweckt und der krähte prompt seinen Unmut in die Lande.
Am nächsten Tage setzten Steinmetze die letzten Steine in die Mauer ein und die Stadt war nun trefflich vor Feinden geschützt.
Die Stadt war gerettet und der Teufel einmal mehr betrogen worden.
Übrigens: Die heranrückenden Truppen zogen vorbei, denn sie hatten nicht die Absicht gehabt, der Stadt Halle ein Leid zu tun.
Verfasst von
Katja Kategorie
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